Inhalt

  • Redearten
  • Redestrategien
  • Rhetorische Figuren mit phonologischer Funktion
  • Rhetorische Figuren mit semantischer Funktion
  • Rhetorische Figuren mit syntaktischer Funktion
  • Rhetorische Figuren mit pragmatischer Funktion

Als am feinsten ausgestaltete Form der rhetorisch ausgestalteten Kommunikation und vermutlich einzig prüfungsrelevante Textsorte darf die Rede gelten. Ausgangspunkt einer jeden Redeanalyse muss die Klärung der Redesituation sein, also die Beantwortung der Fragen: Warum spricht wer worüber wo zu wem und wie sieht der sozio-kulturelle und historisch-politische Hintergrund dieser Rede aus?

Unter Berücksichtigung der Redesituation und des Redeziels unterscheidet man drei Redearten:

Redearten

Festrede (genus demonstrativum):
ausdrucksorientiert: Im emotionalen Einvernehmen zwischen Redner und Publikum wird einer Person, einer Sache, einem Anlass feierlich gedacht.

Entscheidungsrede (genus deliberativum):
handlungsorientiert: politische Rede: Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wird etwas empfohlen oder abgelehnt.

Gerichtsrede (genus judicale):
thematisch orientiert: Anklage oder Verteidigung: Es wird nur ein Aspekt, pro oder contra, berücksichtigt.

Von diesen drei Redegattungen ist die politische Rede sicherlich die interessanteste, weil komplexeste. Hier sind alle Redestrategien gefordert.

Redestrategien

Aufwertung:

  • Verwendung von positiv besetzten, dynamisch wirkenden Wörtern und Begriffen (Leitwörter, Hochwertwörter)
  • Hervorhebung, Lob und Anerkennung der Wir- Gruppe
  • positive Verallgemeinerungen und Betonung positiver Teilaspekte
  • Verwendung von gängigen Formulierungen (Schlagwörter)
  • Verweis auf gleichgesinnte Autoritäten

Beschwichtigung:

  • Herunterspielen, Ausklammern, Tabuisieren unangenehmer Probleme
  • Notwendigkeit und Zwanghaftigkeit des eigenen Vorgehens betonen
  • Appelle an die Verantwortungsgemeinschaft

Verschleierung:

  • Verwendung bewusstseinslenkender Begriffe
  • Sprachlenkung: ideologische Umbenennungen
  • Verwendung von Wörtern, deren Inhalt unklar ist (Leerwörter)

Abwertung:

  • Tadel, Kritik, Verunglimpfung der Gegner auch durch Unterstellungen
  • Hervorhebung von behaupteten Schwächen, Fehlern und Vergehen der Gegner
  • Aufspaltung des Gegners: Unterteilung in Gute und Schlechte, Behauptung gravierender Meinungsverschiedenheiten
  • Verwendung von negativ besetzten, hinfällig wirkenden, lächerlich machenden Wörtern und Begriffen

Dramatisierung:

  • emotional aufwühlendes, Angst und Befürchtungen schürendes, schicksalsträchtiges Vokabular
  • maßlose Übertreibungen (gern bei Zahlenwerten und Problemen)

Da die politische Rede versucht, mehr mit Sprachmitteln zu überreden als durch Argumente zu überzeugen, greift sie gern auf das Arsenal der Rhetorik zurück.

Die reine Feststellung des Vorhandenseins rhetorischer Figuren ist jedoch ebenso wertlos wie die Angabe, wie häufig ein bestimmter Buchstabe in einem Text vorkommt. Entscheidend ist, welche Funktion das jeweilige rhetorische Mittel erfüllt. Deshalb ist die nachfolgende Übersicht so geordnet, dass sie sowohl angibt, welchem sprachlichen Aspekt das jeweilige rhetorische Mittel zugeordnet werden muss, als auch benennt, welche Funktion es normalerweise in diesem Rahmen erfüllt.

Rhetorische Figuren mit phonologischer Funktion

Alliteration:
Silben: auffällige Wiederholung gleicher Konsonanten in betonten Silben
Beispiel: wie wundersam das Wolkenwort gewählt
Funktion: Intensivierung

Adynaton:

Assonanz:
auffällige Wiederholung gleicher Vokale in betonten Silben
Beispiel: Am Anfang war alles wahr.
Funktion: Intensivierung

Diaphora:

Dysphemismus:

Emphase:
besondere Betonung eines Wortes
Beispiel: Ein M a n n steht vor dir.
Funktion: Intensivierung

Paranomasie:
Wortspiel durch Verbindung klangähnlicher Wörter
Beispiel: Eile mit Weile
Funktion: Intensivierung

Rhetorische Figuren mit semantischer Funktion

Anadiplose:
Ein Satz beginnt mit dem/den letzten Wort/Wörtern des vorherigen Satzes.
Beispiel: Das Leben braucht Versöhnung. Versöhnung darf nicht…
Funktion: Betonung

Antithese:
Entgegenstellung von Begriffen und Gedanken
Beispiel: Der Wahn ist zu kurz, die Reu‘ ist zu lang.
Funktion: Pointierung

Hendiadyoin:
inhaltlich identische Substantive
Beispiel: Hilfe und Beistand
Funktion: Betonung

Neologismus:
Wortneuschöpfung
Beispiel: Knabenmorgenblütenträume
Funktion: Anschaulichkeit

Oxymoron:
zwei sich widersprechende Vorstellungen
Beispiel: schweigend im Gespräch vertieft; bittere Süße
Funktion: Humor; innere Spannung

Pleonasmus:
Wiederholung eines charakteristischen Merkmals des Bezugswortes
Beispiel: weißer Schimmel
Funktion: Überbetonung

Synästhesie:
Verbindung unterschiedlicher Sinneseindrücke
Beispiel: das warme Braun ihrer Stimme
Funktion: Intensivierung

Tautologie:
inhaltlich identische Adjektive oder Satzaussage
Beispiel: immer und ewig Persil bleibt Persil
Funktion: Betonung

Zwillingsformel:
zwei meist antithetische Begriffe, gern mit Alliteration
Beispiel: Mann und Maus, Kind und Kegel, Tod und Teufel
Funktion: Anschaulichkeit, Betonung

Rhetorische Figuren mit syntaktischer Funktion

Akkumulation:
Aufzählung zu einem Oberbegriff
Beispiel: Vieh, Menschen, Stadt und Felder (Oberbegriff: Welt)
Funktion: Ausschmückung

Anapher:
Wortwiederholung am Satz- oder Versanfang
Beispiel: Das Wasser rauscht / das Wasser schwoll
Funktion: Betonung

Asyndeton:
Reihung von Satzteilen ohne Konjunktionen
Beispiel: Alles rennet, rettet, flüchtet.
Funktion: Dynamisierung

Chiasmus:
symmetrische Überkreuzstellung einander entsprechender Satzglieder
Beispiel: Die Kunst ist lang und kurz ist unser Leben.
Funktion: Pointierung

Correctio:
Korrektr eines zu schwachen Ausdrucks
Beispiel: Er ist schlau, ja sogar verschlagen.
Funktion: Pointierung

Ellipse:
unvollständiger Satz
Beispiel: Je früher, desto besser.
Funktion: Hast, Unruhe

Epipher:
Wortwiederholung am Satz- und Versende
Beispiel: Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit.
Funktion: Betonung

Hyperbaton:
abweichende Satzstellung (Inversion)
Beispiel: Es ist der Liebe milde Zeit.
Funktion: Betonung

Klimax:
Dreigliedrige Steigerung; umgekehrte Abschwächung: Antiklimax
Beispiel: Ich kam, sah und siegte.
Funktion: Pointierung

Parallelismus:
Wiederholung gleich Syntaxabfolge
Beispiel: Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee.
Funktion: Pointierung

Polysyndeton:
unnötige Verbindung von Satzteilen durch Konjunktionen
Beispiel: und läuft und läuft und läuft
Funktion: Betonung

Rhetorische Frage:
Scheinfrage, die keine Antwort erwartet
Beispiel: Sind wir nicht alle Menschen?
Funktion: Nachdrücklichkeit

Zeugma:
überraschende Zuordnung eines Prädikats zu unterschiedlichen Objekten
Beispiel: Ich heiße Peter und Sie herzlich willkommen.
Funktion: Humor

Rhetorische Figuren mit pragmatischer Funktion

Allegorie:
konkrete bildhafte Darstellung eines abstrakten Begriffes
Beispiel: Justitia = Gerechtigkeit
Funktion: Bildlichkeit

Apostrophe:
pathetische Anrede
Beispiel: Augen, verhüllt euch!
Funktion: Emotionalisierung

Euphemismus:
Beschönigung
Beispiel: Entsorgungspark = Mülldeponie
Funktion: Beschwichtigung

Hyperbel:
Übertreibung
Beispiel: Schneckentempo, Meer von Tränen
Funktion: Dramatisierung

Ironie:
unwahre Behauptung zur Kennzeichnung des Gegenteils
Beispiel: Du bis mir ein schöner Freund!
Funktion: Pointierung

Litotes:
behutsame Bejahung durch doppelte Verneinung
Beispiel: gar nicht so hässlich = recht hübsch
Funktion: Schonung oder Betonung

Metapher:
Vergleich ohne wie
Beispiel: Königin der Herzen
Funktion: Bildlichkeit

Metonymie:
Ersatz eines Wortes durch eines, das zu ihm in unmittelbarer Beziehung steht
Beispiel: den ganzen Goethe lesen, ein Gläschen trinken; das Weiße Haus sagt
Funktion: Anschaulichkeit

Paradoxon:
Scheinwiderspruch
Beispiel: Das Leben ist der Tod, und der Tod ist das Leben.
Funktion: Pointierung

Periphrase:
Umschreibung
Beispiel: Auge des Gesetzes = Polizei
Funktion: Bildlichkeit

Personifikation:
Vermenschlichung
Beispiel: Mutter Natur
Funktion: Anschaulichkeit

Symbol:
vereinbartes konkretes Sinnbild für etwas Abstraktes
Beispiel: Kreuz = christlicher Glaube; Schwert = Krieg, Kampf
Funktion: Bildlichkeit

Synekdoche:
ein Teil steht für das Ganze (pars pro toto)
Beispiel: Gemeinschaft von Tisch und Bett = Ehe
Funktion: Anschaulichkeit

Vergleich:
Verknüpfung zweier Begriffe mit wie
Beispiel: steif wie ein Stockfisch
Funktion: Bildlichkeit

Solltet ihr Fragen zu diesem Thema haben, schreibt sie uns einfach in die Kommentare und wir werden euch diese schnellstmöglich beantworten.