Sapphische Odenstrophe
- die ersten drei Verse stimmen metrisch überein und bilden Elfsilber
- beginnen auftaktlos mit einem Trochäus
- Doppelsenkung nach 3. Hebung
- sapphische Odenstrophe schließt mit kürzerem Vers ab
- Schema:
x‘ x x‘ x x‘ x x x‘ x x‘ x
x‘ x x‘ x x‘ x x x‘ x x‘ x
x‘ x x‘ x x‘ x x x‘ x x‘ x
x‘ x x x‘ x - Beispiel:
Stets am Stoff klebt unsere Seele, Handlung
Ist der Welt allmächtiger Puls, und deshalb
Flötet oftmals tauberem Ohr der hohe
Lyrische Dichter.
(August von Platen, Los des Lyrikers)
Sarkasmus
- gesteigerte Form der Ironie
Schlagreim
- zwei gleichklingende Wörter folgen innerhalb eines Verses unmittelbar aufeinander
- Beispiel:
als ob es tausend Stäbe gäbe
(Rilke, Der Panther)
Schüttelreim
- anlautende Konsonanten der reimenden Silben werden vertauscht
- Rechtschreibung spielt keine Rolle, nur Lautung
- Beispiel:
Ein Vogel auf dem Fenster saß
und eine Hand voll Samen fraß.
Schweifreim
- Verbindung von Paar und umarmenden Reim oder Unterbrechung zweier Paarreime durch einen dritten Paarreim
- Schema: aabccb
Senkung
- Silbe, die nicht betont wird
- Symbolik: x
- Beispiel:
Ich sehe oft um Mitternacht
x x‘ x x‘ x x‘ x x‘
(Matthias Claudius, Die Sternseherin Lise)
Situationskomödie
- Verwicklung der Handlungsstränge, Verkettung überraschender Umstände, Verwicklungen, Intrigen
- Beispiel: Komödie der Irrungen (Shakespeare)
- oft auch Charakter- und Typenkomödie
- Posse, Farce
Skansion
- Betonung des Metrums ohne Rücksicht auf den Inhalt des Gesagten
Sonett
- besteht in der Regel aus zwei Quartetten und zwei Terzetten
- festgelegt sind Versmaß, Reim, Strophenform, Länge:
- 14 Verse
- Versform: Alexandriner
- Reim = 2 Quartette = umarmender Reim -> abba
- Terzette nicht immer einheitlich gereimt, möglich zum Beispiel 1. Terzett ccd, 2. Terzett eed (Schweifreim)
- Beispiel: Menschliches Elende (Andreas Gryphius)
- Unterscheidung zwischen italienischem und elisabethanischem Sonett
- Italienisches Sonett (Petrarca Sonett)
- 14-zeilig: 2 Quartette (Aufgesang), 2 Terzette (Abgesang)
- formale Zäsur zwischen 2. Quartett und 1. Terzett
- Reimform: abba abba cdc dcd
- Elisabethanisches Sonett (Shakespeare Sonett)
- 14-zeilig: 3 Quartette, 1 abschließendes Reimpaar
- formale Zäsur zwischen 3. Quartett und abschließendem Reimpaar
- Reimform: abab cdcd efef gg
- Italienisches Sonett (Petrarca Sonett)
Spondeus
- griech. sponde = Trankopfer
- erste Verwendung in Opferliedern
- zwei gleichstarke Hebungen unmittelbar hintereinander
- im Deutschen kaum realisierbar, da fast unvermeidlich eine der beiden Silben stärker betont wird
- Beispiel: Vóllmónd (x‘ x‘)
Stabreim
- germanische Stabreimdichtung erhob die Alliteration zum Versbauprinzip, denn in ihr mussten jeweils drei der vier betonten Stammsilben (Stäbe) eines Verses alliterieren
- drei von vier betonten Stammsilben einer Zeile begannen mit dem gleichen Laut
- Beispiel:
Leuchtende Lust, wie lachst du so hell und hehr!
(Richard Wagner, Der Ring des Nibelungen)
Stanze
- bestehend aus 8 weiblichen Elfsilbern
- fünfhebiger Jambus
- Reimschema: ab ab ab cc
Stationendrama
- dramatische Bauform: lockere Reihung von einzelnen Handlungssequenzen (Stationen), die in erster Linie durch die Identität der darin auftretenden (Haupt-)Figur verbunden sind
- Ziel: Interesse des Zuschauers soll weniger auf den Ausgang der Handlung als (aus immer neuer Perspektive) auf das Geschehen selbst gelenkt werden
- zentrales Prinzip: Vereinzelung und Reihung der Handlungs- und Geschehenssequenzen (Stationen) der offenen Dramenform, verteilt auf einzelne Szenen (oder Bilder), die zeitlich und räumlich stark divergieren können
- jede Station ist von gleichem Interesse, dadurch wird besonders die Finalität (Bestimmung) des Handlungsverlaufs unterbunden
- Konzentration auf eine zentrale Figur, die in allen Szenen vorkommt und die Sequenzen miteinander verknüpft
- dieses zentrale „ICH“ trifft auf Stationen seines Weges Gestalten, die aus seiner Perspektive und im Bezug zu ihm erscheinen, deswegen ist der Monolog, keine Ausnahme wie im Drama, üblich
- war typische Form des mittelalterlichen, geistlichen (Passion-)Spiels, aber auch im Figurendrama des Sturm und Drangs und v.a. im Expressionismus
- wurde fortentwickelt im epischen Theater
Stoff
- Stoff im eigentlichen Sinne kennen nur die Handlung gestaltenden pragmatischen Gattungen also Epik und Drama, nicht Lyrik
- Geschehniszusammenhang, den der Autor einem Werk zugrunde legt
- Stoff geht nicht auf erlebte Wirklichkeit oder eigene Erfahrung des Autors, sondern auf eine außerhalb des Werkes bestehende, mündlich oder literarisch überlieferte Quelle zurück (zeitgenössisches Ereignis, historische, mythische, religiöse Fabel; bereits durch andere Dichter gestaltetes Kunstwerk)
- steht zunächst außerhalb des Kunstwerkes und ist gestalterisch unstrukturiert und unbearbeitet
Story
- engl. story = Erzählung, Geschichte
- Inhaltsangabe eines literarischen Werkes im Sinne von Handlung
- einfache Abfolge der Begebenheiten
Strophe
- Gliederungseinheit im Gedicht mit meist fester Versanzahl und einem bestimmten metrischen Muster
- Beispiele: Nibelungenstrophe, Chavy-Chase-Strophe
Symbol
- Sinnbild, bei dem die Relation zwischen Sinn und Bild/ zwischen Geistigen und der Anschauung offenkundig ist; Ding-, Tier-, Pflanzen-, Farben-, Rechts-, Zahlen-, Buchstabensymbole
- Beispiele: Schlange für das Böse; Waage für Gerechtigkeit
Symploke
- Häufung von Anapher und Epipher; Wiederholung der gleichen Wörter am Anfang und am Ende zweier oder mehrerer aufeinanderfolgender Verse oder Sätze
- Beispiel:
Was sich vor dem Tod so entsetzt, ist ein Bewußtsein; was sich gegen ihn wehrt, ist ein Bewußtsein; was hier stirbt, ist ein Bewußstein.
Synästhesie
- Ersetzung des eigentlich gemeinten Begriffs durch einen zu seinem Bedeutungsumfeld gehörenden engeren oder weiteren Begriff:
- Erster Teil steht für das Ganze (pars pro toto)
Beispiel: Dach für Haus - Art steht für die Gattung
Beispiel: Brot für Nahrung - Gattung steht für die Art
Beispiel: Eisen für Schwert - Singular für Plural
Beispiel: Das Deutsche für das deutsche Volk - Das Ganze steht für einen Teil (toto pro parte)
Beispiel: England gewinnt die Fußball-WM
- Erster Teil steht für das Ganze (pars pro toto)
Szene
- mittlere Gliederungseinheit im Drama, die mehrere Auftritte zusammenfasst, deren Ende durch den Abgang aller Figuren und/oder der Unterbrechung der raumzeitlichen Kontinuität (lückenloser Zusammenhang) markiert wird
- allgemein: Vorgang auf der Bühne
- Begriff „Szene“ nicht einheitlich festgelegt, Unterscheidung zwischen zwei Bedeutungen:
- Schauplatz
- bezeichnet das Geschehene zwischen zwei Schauplätzen
- Szenenzählung von Shakespeare unter seinem Einfluss auch im deutschen Drama vertreten
- meint jede Unterbrechung der raumzeitlichen Handlungskontinuität; d.h. hauptsächlich Schauplatzwechsel => soweit diese Zeitsprünge symbolisieren
- es fehlt allgemein anerkannte knappe Bezeichnung
- Auftritt
- bezeichnet das Geschehen zw. zwei Personenwechseln
- von Renaissancepolitiker Scaliger und von französischen Klassik vertreten
- meint jeden Personenwechsel, verstanden als Auftreten oder Abgehen von mindestens 1 Person
- Schauplatz
Szenische Darstellung
- dialogische und direkte Personenrede
- annähernd zeitdeckend
- Illusion der Unmittelbarkeit; Erzähler kann spürbar bleiben, sich aber auch komplett zurückziehen
Tagebuch
- Merkmale:
- chronologische Ordnung schriftlicher Aufzeichnungen, die sowohl fiktional als auch nicht-fiktional sein können
- Formen: Aphorismen, Dialog, Reisetagebuch, Selbstgespräch
- Geschichte:
- die ersten tagebuchähnlichen Aufzeichnungen stammen aus dem 16. Jahrhundert
- im 18. Jahrhundert Nutzung verschiedener Geheimschriften als Spiel, Hinzukommen einer religiösen Dimension
- in der Aufklärung diente die Führung eines Tagebuchs zur Selbstanalyse
- im 19. Jahrhundert Beginn der Zensur und Selbstzensur, Frauen als Tagebuchschreiberinnen
- Beispiel: Tagebuch der Anne Frank
Tautologie
- Wiedergabe eines Begriffes durch zwei oder mehr Wörter gleicher Bedeutung und Wortart; meist in einer Zwillingsformel
- Beispiel: ganz und gar, angst und bange
Teichoskopie (Mauerschau)
- fiktionsinterne Vermittlung eines gerade ablaufenden Geschehens außerhalb der Bühne durch eine Bühnenperson
- griech. teichoskopie
- gleichzeitiges Geschehen, dass sich außerhalb des Bühnenrahmens abspielt, ist darzustellen
- Berichtende nimmt meist höheren Standpunkt ein (Hügel, Mauer, Turm) und beobachtet einen Vorgang, der auf der Bühne nicht oder nur schwer darstellbar ist (Schlachten, Schiffuntergang)
- andere Varianten: Wiedergabe von Visionen und Wahnbildern, seit Ende des 19. Jahrhunderts Telefongespräch
- im naturalistischen Drama wir die Mauerschau zur „Fensterschau“
- berichtende und verdeckte Handlung
Terzine
- Versmaß: fünfhebiger Jambus
- dreizeilige Strophenform mit durchlaufender Reimverkettung und abschließendem Vers
- Reimschema: aba/bcb/cdc/…/xyx/yzy – z
Thema
- griech. = das Gesetzte
- Grund- und Leitgedanke eines Werkes
- Themen sind Grundbausteine eines Textes, sie sind strukturbildend und bestimmen die Verwendung von Motiven beeinflussen die Figurenkonzeption, die Zeitabläufe und den Aufbau des Textes
Tragikkomödie
- Verbindung von Tragik und Komik zur innigen Durchringung beider Elemente und Motive zur wechselseitigen Erhellung
- tragische Zusammenhänge mit komischen Motiven => Kontrastwirkung; oder: komische Sachverhalte in tragischer Beleuchtung => Zwiespältigkeit, Komik auf höherer Stufe
- Aufeinandertreffen der Gegensätze zwischen den Menschen bzw. ihren Handlungen (objektive Tragikkomödie)
- Gegensatz von tragischen Pathos und Komik ins Innere des Einzelmenschen (subjektive Tragikkomödie)
- kein klassischer Spannungsverlauf
- Personenkonstellation nach Vorbild der Komödie
- Besonderheit: in einer Person
- Beispiele für Tragikkomödiendichter: Frank Wedekind, Gerhart Hauptmann
Tragödie
- Historischer Überblick
- griech. tragiké = Kunst des Trauerspiels
- griechische (attische) Tragödie:
- Urform
- Anfänge im Dionysoskult (8. Jahrhundert v. Chr.)
- Dithyrambus als chorische Aufführung zu Ehren Dionysos (Preislied)
- Tanzspiele mit magischem Charakter (Widerfahrnisse des Gottes)
- später: Bindung an festen poetischen Text
- inhaltlicher Wandel: epische Stoffe
- klassische Tragödie (5. Jahrhundert v. Chr.)
- in sich abgeschlossenes Stück der Heldensage
- attischer Bürgerchor, 2-3 Schauspieler
- Teil des öffentlichen Gottesdienstes des Dionysos
- Stoffe: epische Tradition (Heroenmythos)
- römische Tragödie
- durch Senatsbeschluss eingeführt
- formale Abhängigkeit vom antiken Vorbild
- tragischer Stoff (Konflikt) im Mittelpunkt
- ludi graeci
- neuzeitliche Tragödie
- setzt mit Humanismus ein
- formale Abhängigkeit vom antiken Vorbild
- Höhepunkt im barocken Trauerspiel
- Schicksalsdrama
- Merkmale
- das unschuldige Schuldigwerden (Ödipus) + Selbstüberschätzung (Hybris) [antike Tragödie]
- Wirkung: durch Katastrophe – Furcht und Mitleid => Erleben der Katharsis (Reinigung)
- Unterscheidungskriterium zur Komödie
- Ständeklausel/ sozialer Stand: tragisches Erlebnis nur Personen höheren Standes; Zweck der Fallhöhe
- moralische Qualität: höchstmöglicher Anspruch (moralische Perfektion bis auf ein Element => Hammarthia)
- Redestil: genus grande = hoher Stil (Adlige, Edle), würdevoll, gehoben, exakt, treffsicher
- Historizität/ Stoff: Geschichte, Mythos
- Dramenausgang: Untergang der Helden; Katastrophe
- Katharsisproblem (Lachen und Weinen; nach Aristoteles)
- durch Erregung von Eleos und Phobos (Furcht + Mitleid; Schaudern + Jammern) werden diese Gefühle / Leidenschaften psychisch gereinigt
- seelische Erregungszustände (Affekte) äußern sich in heftigen körperlichen Prozessen
- Verwandlung der Affekte in tugendhafte Fertigkeiten
Trochäus
- auch als Faller bekannt, da man ihm einen fallenden Rhythmus zuschreibt
- Begriff stammt aus dem Griechischen = Läufer bzw. von Choreus (= Tänzer)
- Versfuß mir regelmäßigem Wechsel von Hebung und Senkung, der mit einer Hebung und ohne Auftakt beginnt
- Beispiel: Kúgel (x´ x)
- ein trochäischer Vers ist ein alternierender Vers ohne Auftakt
- weniger zahlreich in deutscher Sprache
- kann frisch klingen, schlicht und innig
Sah ein Knab ein Röslein stehn (Das Heidenröslein, Goethe)
x‘ x x‘ x x‘ x x‘ - trochäische Verse können dagegen eine gewisse Ruhe schaffen und fallen von einer Hebung zur Senkung ab:
Müde bin ich, geh zur Ruh‘,
Schließe beide Augen zu. (Hensel)
Tropen
- Bezeichnung für ein sprachliches Ausdrucksmittel der uneigentlichen Rede
- sind Wörter oder Wendungen, die nicht im eigentlichen Sinne, sondern in einem übertragenen, bildlichen gebraucht werden
Typenkomödie
- älteste Komödienform
- Karikierung bestimmter Stände, Berufe, etc. => Typisierung
(Beispiel: gefräßiger Diener) - meist zugleich Situationskomödie
- mittlere attische Komödie, comedia dell’arte, comedy of humours
Umarmender Reim
- ein Reim umschließt einen anderen
- Schema: abba cddc
Unreiner Reim
- nicht alle Laute vom letzten Vokal an stimmen genau überein
- Kombinationen:
- langer und kurzer Vokal: ruft / Luft
- Vokale und Umlaute: Liebe / trübe
- verschiedene Diphthonge: reichen / keuchen
- Wechsel von harten und weichen Konsonanten: melden / gelten
- Wechsel von stimmhaften und stimmlosen Lauten: rasen / saßen
- Dialektische Unterscheidung, z. B. in Paarung von g/ch: lag / brach
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